„Machen uns die Verschiedenheiten der Menschen Angst oder machen sie uns neugierig aufeinander?“, mit dieser Frage wurden 14 Jugendliche konfrontiert, die mit der Pfarrgemeinde Teublitz ins französische Taizé aufbrachen. Denn dort erwarteten die Heranwachsende eine internationale Gemeinschaft, viele Begegnungen und vor allem die besondere Spiritualität einer ökumenischen Brüdergemeinschaft. Los ging in der ersten Augustwoche. Dekan Michael Hirmer chauffierte selbst den Bus, der neben den Jugendlichen auch noch einige Erwachsene nach Burgund brachte.
Nach gut elf Stunden Fahrt traf man auf dem Hügel von Taizé an. Alte Mauern begrüßten die Ostbayern und ein immer größer werdendes Gewirr an Menschen mit verschiedenen Sprachen.
Mitten drin im scheinbaren Chaos waren es ältere Jugendliche, die für Ordnung sorgten. „Wir wurden alle in unseren Sprachen willkommen geheißen.“, erinnert sich die 17jährige Sophie Müllner aus Teublitz, „Uns wurde eine schichte Unterkunft zugeteilt. Dann bekamen wir unsere Essenstickets und einen Plan, wie der Tag in Taizé so abläuft.“ Viel mehr Organisation ist nicht nötig, denn in Taizé ist alles auf das Wesentliche reduziert. Was einen tiefen Sinn hat, wie aus Korea stammende Bruder Han Jol von der christlichen Brüdergemeinschaft von Taizé den Jugendlichen erklärte: „Wir laden euch ein eine Woche mit unserer Gemeinschaft ganz einfach zu leben. Als Brüder von Taizé leben wir die Freundschaft mit Jesus Christus, die uns in die Gemeinschaft mit Menschen führt.“
Auf den Hügel von Taizé ist es deshalb üblich, dass alle mit anpacken. Es gibt kein angestelltes Personal. Vom Kochen, Essensausgabe, Abwasch bis hin zum Putzen Sanitärbereiche und der Müllabfuhr wird alles von den Jugendlichen selbst erledigt. „Die Arbeit machte mir sogar Spaß.“, lächelt Paula Schmidt aus Kelheim, die schon letztes Jahr mit den Teublitzer mitgefahren ist.
Tatsächlich trafen sich in der ersten Augustwoche über 2500 junge Menschen mit über 30 verschiedenen Muttersprachen. „Um sich zu verstehen, wird einfach übersetzt was möglich ist oder mit Händen und Füßen kommuniziert.“, erklärt Barbara Doleschal. Sie übersetzte die Einführungen eines Taizé-Bruders vom Englischen ins Deutsche. „Die Impulse der Brüder regen zum Nachdenken und Gespräch an.“ In Kleingruppen treffen sich deshalb die Jugendlichen jeden Tag um über ihren Glauben und ihr Leben zu sprechen. Gerade in diesen Gesprächen wurde eines deutlich, dass die Gemeinsamkeiten der Jugendlichen deren Verschiedenheiten was Kultur und Sprache angeht bei weitem überwiegen. „Wir verstehen uns hier, obwohl wir oft nicht einmal die Sprache des anderen können.“, bringt es die Teublitzer Sophie Müllner auf den Punkt, „Dabei lernt man die einfachen und scheinbar selbstverständlichen Arbeiten Wert zu schätzen. Und man lernt Jugendliche aus aller Welt dabei ganz anders kennen.“
Neben der Arbeit und den Gesprächsgruppen sind die gemeinsamen Gebete das Herzstück von Taizé. Dreimal täglich, am Morgen, am Mittag und am Abend, läuten die Glocken der Kirche. Dann strömen die jungen Menschen in die Kirche, die eher einer großen Halle ähnelt. Kirchenbänke sucht man dort vergebens. Man sitzt auf den Boden oder Gebetshockern und singt die mittlerweile weltbekannten Taizé-Lieder, Wiederholgesänge, die zur Meditation und zur Begegnung mit Gott einladen. Für die Teublitzer Taizé-Neulinge war das Zentrum der Gebete verblüffend: „Einfach nur Stille. In der man nichts tun oder denken muss, sondern einfach nur Gott wirken lassen soll.“
Nach der sonntäglichen Messefeier ging es wieder zurück nach Ostbayern. Dabei hatten die Jugendlichen aus Teublitz, Waldsassen, Ergolding und Kelheim einen klaren Auftrag an Dekan Michael Hirmer: „Nächstes Jahr fahren wir wieder!“
Taizé, Anfang August 2022